Das Auswärtige Amt hat die Reisewarnung für Ziele außerhalb Europas bis Ende September verlängert.
Ob Deutsche danach wieder ohne Probleme nach Kuba reisen, entscheidet sich in den nächsten Tagen. touristik aktuell sprach mit dem ehemaligen Airtours-Manager Bernd Herrmann. Er lebt seit fast 20 Jahren in Havanna und ist Geschäftsführer der Incoming-Agentur Senses of Cuba by Tourcom. | Von Sylvia Raschke

Herr Herrmann, sind die Grenzen für Urlauber offen?
Obwohl Kuba, was die Pandemie angeht, im weltweiten Vergleich hervorragend dasteht, wird die Öffnung des gesamten Landes und Havannas für den internationalen Tourismus sowie für Rundreisen leider noch etwas länger dauern als erwartet. Wir rechnen damit nun frühestens im November, eher Dezember. Konkretere Informationen der Regierung liegen uns derzeit leider nicht vor.

Aber kann man nicht schon auf die Cayos reisen?
Ja, das ist richtig. Die Flughäfen Santa Clara, Cayo Coco und Cayo Largo wurden für den Badetourismus auf den Cayos geöffnet. Dabei ist der Aufenthalt zum Schutz der Bevölkerung auf dem Festland strikt auf die vorgelagerten Cayos Coco, Guillermo, Cruz und Largo beschränkt, auch Ausflüge und Mietwagentouren sind nur dort möglich. Aufgrund der Reise- beschränkungen in den Quellmärkten kommen bisher nur kanadische Veranstalter. Später sollen die Strandzonen Varadero und Holguin/Guardalavaca geöffnet werden.
Erst danach folgt der Rest des Landes.

Wie sehen die Einreisebedingungen für Touristen aus?
Generell empfehlen wir, sich schon 48 Stunden vor der Reise freiwillig auf Covid-19 testen zu lassen. Bei Einreise in Kuba erfolgt ein obliga- torischer, kostenloser PCR-Test, dessen Ergeb- nis man innerhalb eines Tages nach Ankunft erhält. Im Falle eines positiven Tests werden die Gäste in einem separaten Teil des Resorts untergebracht und medizinisch betreut, gege- benenfalls auch im Krankenhaus. Die Hotels haben strenge und detaillierte Schutzprotokolle entwickelt. Eine Maskenpflicht und wöchentliche Tests für das Personal sind vorgeschrieben.

Gab es Corona-Fälle unter deutschen Touristen?
Nein, unter den deutschen, österreichischen und Schweizer Touristen gab es bis zur Schlie- ßung der Grenze Ende März keinen einzigen uns bekannten Fall.

Können Touristen sich auf Kuba sicher fühlen?
Kuba zählt, was die medizinische Vorbeugung, Covid-Kontrolle und auch die Betreuung der Touristen im Krankheitsfall angeht, zu den weltweit sichersten Fernzielen. Bis Mitte Sep- tember gab es nur etwa 4.500 Corona-Fälle und 110 Verstorbene bei elf Millionen Einwohnern. Hochgerechnet auf die Einwohnerzahl ist das Risiko, sich in Deutschland zu infizieren, etwa achtmal höher als in Kuba. Die Insel ist seit Mai zu 75 Prozent Corona-frei. Nur in Havanna, Ciego de Avila und einigen kleineren, derzeit streng kontrollierten Orten gibt es Neuinfektio- nen, deren Ausbreitung seit Kurzem mit einem verschärften Lockdown in Havanna und den betroffenen Gemeinden begegnet wird.

Wie wird die Pandemie bekämpft?
Kuba hat die höchste Arztdichte im Verhältnis zur Einwohnerzahl weltweit. Das Gesundheits- system verfügt über Tausende gut ausgebildete Ärzte und Krankenschwestern und mobilisier- te 28.000 Medizinstudenten, die von Haus zu Haus geschickt werden. Schon Ende März erschien alle drei Tage eine Krankenschwester bei uns, um Fieber zu messen. Fast täglich kamen Medizinstudenten und fragten, ob man Covid-Symptome habe. So kann man schnell neue Fälle entdecken, Quarantäne anordnen oder Kontakte verfolgen. Mittlerweile wurden auch die Tests deutlich ausgeweitet.

Wie kommen Sie als Incoming-Agentur durch die Krise?
Natürlich hat auch uns die Krise stark getrof- fen, seit April ist unser Umsatz bei Null. Niemand von unseren deutschen und europäi- schen Mitarbeitern hier in Havanna erhält Kurzarbeitergeld, dennoch wollten fast alle hierbleiben. Mit finanziellen Reserven, Einspa- rungen, Teilzeit-Modellen, dem Entgegenkom- men des kubanischen Staates bei Miete und anderen Kosten sowie der Sofort- und Über- brückungshilfe aus Deutschland kämpfen wir uns durch. Sicherlich stehen noch weitere schwierige Monate bevor. Doch die Krise hat uns auch zusammengeschweißt. Und wir hof- fen, dass wir sie zusammen mit den Veranstal- tern- und Reisebüros, die weltweit mit uns arbeiten, gemeinsam bewältigen werden.

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Quelle: Touristik Aktuell Nr. 37-38, September 2020, S. 27.